MdL Heiko Sippel als Gastredner beim „Debattieren am Grill“ – „Nur nicht aus dem Konzept bringen lassen“

Acht Uhr morgens am Elisabeth-Langgässer-Gymnasium in Alzey. Rund ums Schulgelände und im Schulgebäude geht es ausnahmsweise etwas lauter zu, denn in den Projekttagen fällt der Regelunterricht aus. Dafür beschäftigen sich die Schüler mit Aufgaben ihrer Wahl: Im dritten Obergeschoss warten bereits 15 Schüler auf den Alzeyer Landtagsabgeordneten Heiko Sippel (SPD), der ihnen beim appetitlich klingenden Projekt „Debattieren am Grill“ mit seiner Praxiserfahrung unter die Arme greifen soll. Mirko Leisenberg, Schülersprecher aus der 11. Klasse hat bereits erste rhetorische Erfahrungen beim Debattierturnier der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Workshop gesammelt.

 

„Wir haben den Abgeordneten Sippel eingeladen, um mehr über die Praxis des Debattierens zu erfahren, uns Tipps zu holen und selbst zu beobachten, wie er bei uns als Gastredner mit einer Stehgreifrede zurechtkommt,“ so der junge Projektleiter. Viele seiner Mitstreiter sind mit ihm zusammen im Sozialkunde Leistungskurs und nutzen die Gelegenheit, dem Landespolitiker wertvolle Ratschläge zu entlocken. Wie es denn anfangs gewesen sei für ihn vor so vielen unbekannten Menschen zu sprechen, wollen die Schüler erfahren. „Ein wenig Lampenfieber hatte ich schon bei meiner ersten Rede im Landtag,“ lacht Sippel, „denn es waren viele erfahrene Kollegen im Plenarsaal, außerdem Besucher auf der Tribüne und die Presse, die genau hinhört. Aber am Ende macht es die Routine: Je öfter man spricht und übt, umso weniger Vorbereitungszeit braucht man.“

 

Es komme auch darauf an, wie tief man selbst in einem Thema drin sei, sagt Sippel. Als Fachpolitiker für den Bereich der Justiz oder der Wirtschaftspolitik befasse er sich täglich mit den neusten Entwicklungen. Da müssten Reden nicht lange vorbereitet werden, während beispielsweise schwierige Fragen des Finanzrechts einer intensiveren Vorbereitung bedürfen. „Aber Stichworte müssen reichen, vorgefertigte Reden lassen oft keine spontane Reaktion auf das Publikum oder der Gegenmeinung zu. Außerdem hören sich frei gesprochene Reden wesentlich besser an,“ rät er. Vor zu viel Füllwörtern und inhaltlosen Phrasen warnt der Abgeordnete jedoch ausdrücklich, denn die seien ein Zeichen für wenig Fachwissen und eine schlechte Vorbereitung.

 

Ob es ein Totschlagargument gebe, wollen die Schüler wissen und Sippel weiß auch hier Rat: „Alles was Geld betrifft. Es ist nicht bezahlbar oder es geht rechtlich nicht.“ Prompt argumentiert die Oppositionsgruppe zum Debattierthema „Einheitliches Abitur in Europa?“ genau so: „Wie soll so ein zentrales Abitur überhaupt aufgebaut werden? Und wer finanziert das?“ Doch die drei Schüler der Regierungsseite haben sich ihre Argumente gut überlegt, hätte ein solches Abitur sowohl wirtschaftliche, wie auch soziale Vorteile: „Fachkräfte könnten überall im Ausland mit gleichwertiger Qualifikation arbeiten, Studien würden anerkannt werden, es wär ein großer Schritt für gleichberechtigte Bildung in Europa.“

 

Nach dem fürs Debattieren festgelegten Regelwerk halten sich alle Redner an die Redezeit von drei Minuten und sind gespannt auf den geladenen freien Redner Heiko Sippel. Der erfahrene Redner hat nicht nur gut zugehört, sondern entkräftet die Argumente der Fürsprecher und spricht sich für einen Kompromiss aus: „Die Einheit Europas ist klasse, aber auch die Vielfalt macht es aus. Dass Schulsysteme unterschiedliche Schwerpunkte setzen ist völlig o.k., deshalb wäre ein europaweites Zentralabitur ein Rückschritt. Aber nichts spricht gegen angepasste Bildungsstandards und ein gleiches Bildungsniveau.“ An diesem Beispiel lernen die Schüler, dass es sich manchmal auch lohnt, eine Kompromisslinie auszuloten, um die Möglichkeit für Lösungen offen zu halten.

 

Bevor die Schüler zum langersehnten Grillen im Amphitheater kommen, hat Sippel noch einen besonders wichtigen Tipp aufgrund seiner Beobachtungen: „Nie durch Zwischenrufe aus dem Konzept bringen lassen. Wenn man doch nicht weiter weiß, dann am Besten eine kleine Pause machen, einen Schluck Wasser trinken oder die Papiere ordnen und währenddessen seine Gedanken sammeln. Der Redner sollte nie hilflos wirken.“ Beim Grillen lassen die Schüler die Debatte noch einmal Revue passieren und analysieren die Schwächen und Stärken ihrer rednerischen Leistung. „Es ist sehr gut, wenn sich Jugendliche schon früh mit dem Reden beschäftigen, denn eine klare Ausdrucksweise ist nie verkehrt, egal ob in Politik oder Wirtschaft,“ fasst Sippel zusammen.

 

mth

 

 

Bild: © Marta Thor

 

Veröffentlicht am 01.06.2012.