Abgeordnete besuchen einzige rheinland-pfälzische Jugendarrestanstalt in Worms mit Platz für max. 35 männliche und weibliche jugendliche Straftäter*innen
Sie sieht ein wenig aus wie eine kleine Festung in der Martinsgasse: Als Bollwerk, umrandet von einer hohen Backsteinwand, steht die Wormser Jugendarrestanstalt nicht nur im Schatten der roten Mauer, sondern auch in direkter Nachbarschaft zum Wormser Amtsgericht, wo deren Leiter Richter Edgar Guleritsch seit über 10 Jahren als Jugendschöffenrichter tätig ist. Dieser hatte diese Tage parlamentarischen Besuch von den beiden Landtagsabgeordneten Jens Guth (Worms) und Heiko Sippel (Alzey/beide SPD), die sich über die aktuelle Situation erkundigen wollten.
Im Schnitt gäbe es etwa 900 Vollstreckungsgesuche pro Jahr, erläuterte Guleritsch im gemütlichen Gemeinschaftsraum unter dem Dach, wobei die Arreste einerseits durch Urteil wegen Straftaten andererseits aber auch durch richterlichen Beschluss bei Nichtbefolgung von Weisungen und Auflagen verhängt werden kann 580 Arreste seien im letzten Jahr in Worms tatsächlich vollstreckt worden. Die übrigen Arreste mussten nicht vollstreckt werden, da die der Arrestverhängung zugrunde liegenden Weisungen und Auflagen noch erfüllt wurden ; jeder sechste Urteilsarrest sei dabei ein Warnschussarrest; der neben einer Bewährungsstrafe verhängt wird. Mit 85 Prozent böte der Dauerarrest von 1 bis 4 Wochen dabei den Löwenanteil, gefolgt von 12 Prozent Freizeitarrest am Wochenende; Kurzarreste spielten nur eine marginale Rolle.
Bei 70 bis 80 Prozent der Arrestierten spiele Drogenkonsum eine Rolle; die Mehrzahl sei ohne Abschluss und ohne Ausbildung. Die Ausländerquote liege zwar mit 1321 Prozent eher niedrig, jedoch schätzt er die Insassen mit Migrationshintergrund bei fast 50 Prozent. Männliche Jugendliche sind deutlich öfter betroffen (85 Prozent) als Mädchen.
Der erzieherische Faktor steht dabei an vorderster Stelle, denn der Jugendarrest sei keine Strafe, sondern solle dem Jugendlichen eindringlich zu Bewußtsein bringen, dass er für das begangene Unrecht einzustehen habe. Um diesem Faktor noch besser gerecht werden zu können, hatte die SPD-Landtagsfraktion unlängst dafür gesorgt, dass die Sozialarbeiterstellen aufgestockt wurden. Ein Sozialarbeiter und eine Sozialarbeiterin, zwischenzeitlich beide in Vollzeit, unterstützen die 14 Vollzugsbeamten vor Ort.
„In den Arresträumen, die für maximal 35 Arrestierte Platz bieten, herrscht absolutes Handyverbot und es darf auf dem gesamten Gelände und im Haus nicht geraucht werden. Fernseher in der Zelle gibt es ebenfalls nicht, sondern nur ein kleines Radio“, erläutert Richter Guleritsch bei einem Rundgang durchs Gebäude die minimalistische Ausstattung im Innenbereich. Umso effektiver und ansprechender ist das kleine Außengelände gestaltet: ein kleines Basketballspielfeld, eine Laufbahn, ein Teich mit Goldfischen und sogar ein großer Outdoor-Grill stehen den Arrestierten in der spärlichen Freizeit zur Verfügung.
Dass das Konzept grundsätzlich aufgeht, das belegen ebenfalls die Zahlen. Zwar werden ca. 60 Prozent irgendwie rückfällig, erläutert Guleritsch, aber nur ca. 12 Prozent landen später im Knast.
„Das seien immerhin 88 Prozent“, schlussfolgern die beiden SPD-Politiker, „die nicht im Knast landen und das ist durchaus positiv zu werten“.
Veröffentlicht am 20.03.2018.