„Weg von Lippenbekenntnissen! Es müssen Taten folgen!“
Die beiden SPD-Landtagsabgeordneten Nina Klinkel (Mainz-Bingen) und Heiner Illing (Alzey-Worms) forcieren weiter die rheinhessische Schulentwicklungsplanung. Die beiden Abgeordneten begrüßen es, dass ihre Forderung nach einem regionalem Schulentwicklungsplan, die von der SPD Rheinhessen als Antrag in den Regionaltag der Region Rheinhessen eingebracht wurde, dort als Thema angekommen ist. Allerdings habe sich außer der Absicht, dass der Regionaltag Rheinhessen einen regionalen Schulentwicklungsplan anstrebe, nichts Konkretes getan.
„Die Debatte um die Schulentwicklungsplanung blieb bisher an Standortfragen orientiert und endete an Landkreisgrenzen!“, so Klinkel. „Ziel ist es, als Region zu planen. Wir wollen weg vom Kirchturmdenken, hin zur übergreifenden Zukunftsperspektive!“ Illing ergänzt: „Es reicht nicht, die Pläne der vier Gebietskörperschaften (die beiden Landkreise Alzey-Worms und Mainz-Bingen, die beiden kreisfreien Städte Mainz und Worms) in einen Topf zu werfen und dann abzuwarten, wer sich durchsetzt!“ Die beiden Abgeordneten fordern ein: „Wir brauchen rheinhessische Konzepte!“
Hintergrund: Bereits 2019 forcierte der Landkreis Mainz-Bingen die Diskussion um den Neubau einer weiterführenden Schule. Die ADD hatte die Landkreise aufgefordert, ihre Schulentwicklungspläne miteinander abzugleichen, um die bestehenden Wechselwirkungen zu präzisieren, sowie die Benennung der sich daraus ergebenden Auswirkungen zu konkretisieren. Seitens der ADD wurde ebenso um eine gemeinschaftliche Darstellung und Bewertung der Schülerzahlen in Hinblick auf ein schulisches Bedürfnis sowie die Thematisierung der Wirtschaftlichkeit samt Stellungnahme des Rechnungshofes gebeten. Da auch Schulen aus angrenzenden Mainzer Stadtteilen Auswirkungen auf ihre Schulen anmerkten, wurde deutlich, dass drei von vier rheinhessischen Gebietskörperschaften betroffen sind.
Der regional orientierte Austausch stehe nun noch aus, so Klinkel und Illing. „Wirkliche Schulentwicklungsplanung“ brauche inhaltliche Zusammenarbeit, Synergie, Austausch und Kooperation im ganzheitlichen Blick. Populistische Schnellschüsse und Pseudo-Lösungen ohne vorangehende Gespräche der Schulträger, ohne Berücksichtigung der Einwände angrenzender Gebietskörperschaften, ohne auswertbare Daten zu Schülerzahlen und Entwicklungsperspektiven zu ermitteln, gehe weit an der Kernidee regionaler Schulentwicklungsplanung vorbei, betonen Klinkel und Illing. Sie fordern: „Weg von Lippenbekenntnissen! Es müssen Taten folgen!“
Bereits im Mai 2020 hatten die beiden Abgeordneten eine Umfrage zur rheinhessischen Schulentwicklung gestartet, die sich an Eltern, Schüler*innen und Lehrer*innen richtete. An der öffentlichen Umfrage nahmen 267 Personen teil, davon 259 aus Rheinhessen. Knapp 90 Prozent gaben an, dass ihnen regionale Schulentwicklungsplanung mindestens wichtig ist. Ein Viertel der Befragten bewerteten die ÖPNV-Verbindung zum Schulort ihres Kindes kritisch. Eines der aufschlussreichen Ergebnisse war die mehrheitliche (70 Prozent) Forderung, regionale Schulentwicklungsplanung in die Hände von Experten und Sachkundigen zu legen. Hierbei solle vor allem die regionale Vernetzung (48 %) und die Nutzung bereits vorhandener (digitaler) Strukturen (51 %) in den Blick genommen und effektiver genutzt werden.
Gerade im Angesicht der Coronapandemie sei der Punkt der digitalen Struktur immanent. „Der Landkreis Alzey-Worms hat bereits viel in die Infrastruktur der Schulen gesteckt. Mainz-Bingen stattet seine Schüler hervorragend mit Tablets aus. Das ist bemerkenswert und herausragend. Zur Wahrheit gehört aber, dass dies in anderen Landkreisen finanziell nicht möglich ist. Wir fordern daher auf Landesebene, dass digitale Endgeräte die neuen „Schulbücher“ werden, was ein Ausleihverfahren meint. Ein Tablet gehört in jeden Rucksack“, so Klinkel und Illing. Im Sinne einer regionalen Schulentwicklungsplanung, die eben auch Inhalte fokussiere, sei es dann auch wichtig, alle Lehrenden an Bord zu holen und zu unterstützen, sodass digitaler Unterricht nach best practice-Beispielen ablaufen könne. „Das Land Rheinland-Pfalz gehörte zu den ersten Ländern, das seinen Schulen eine einheitliche und vor allem datenschutzkonforme digitale Lernplattform anbot. Wenn es hier nun zu Schwierigkeiten kommt, wenn Server überlasten, dann muss nachjustiert werden. Die Daten der Kinder sind sensibel. Es muss sichergestellt sein, dass sie nicht auf Servern im Ausland gespeichert werden“. Ab März führt RLP den für die Schulen kostenfreien Schulcampus ein, einen Vernetzungscampus, der auch die Kommunikationsplattformen analog zu kommerziellen Anbietern bereithalten wird. Klinkel und Illing sehen hier eine deutliche Verbesserung des digitalen Angebots. Es bliebe letztlich die Crux der Infrastruktur. „Kein noch so gut eingerichtetes Tablet nützt etwas, wenn die Schüler nicht damit arbeiten können. Der Glasfaserausbau schreitet an den Schulen rasant voran, aber zu Hause ergeben sich Problematiken, weil die Internetverbindung zu schwach ist“, so die Abgeordneten. „Es ist bisher Aufgabe der freien Wirtschaft, sich hierum zu kümmern. Wir sehen, dass das nicht funktioniert, dass ganze, als unrentabel bewerteten Ortsteile herausfallen. Das kann nicht sein. Die Ausstattung mit einem funktionalen Internetzugang ist entscheidend für die Schul- und Arbeitswelt und muss in die öffentliche Hand. Wir fordern das deutlich vom Bund. Wir wollen gleiche Lebensbedingungen in Stadt und Land“.
Klinkel und Illing regen für den Regionaltag eine Anhörung an, in der die Thematik aus fachlicher Sicht erörtert wird. Die Crux am Regionaltag sei, dass er keine verbindlichen Entscheidungen für die Kommunen treffen könne. Daher appellieren die Abgeordneten an die Verantwortlichen der Kreise und der Städte, einen „Runden Schultisch“ einzuberufen unter Einbeziehung von Schulentwicklungsplaner*innen und Expertenwissen. Selbst sind die beiden SPD-Abgeordneten über entsprechende Formate – „Nina digital“ und „Auf ein Wort mit Heiner“ – im ständigen Dialog mit Eltern, Bürgerinnen und Bürgern.
Veröffentlicht am 12.02.2021.