Zu einem Kennenlerngespräch besuchte Landtagsabgeordneter Heiner Illing den neuen Leiter des Museums Alzey, Tim Kerig, in seiner neuen Wirkungsstätte. Der Museumsleiter erwartet Illing im Dachgeschoss und führt ihn durch einen schmalen Flur, vorbei an der Bibliothek, zu seinem Dienstzimmer. „Waren Sie schon einmal in diesem Bereich?“, fragt der promovierte Archäologe. Sofort fallen dem Landespolitiker die Fundstücke ins Auge, die sich auf der breiten Fensterbank scharen. Neben einem imposanten Knochen liegen weitere Skelettteile, die Alzeyer Bürger auf dem Acker gefunden und zur Bestimmung ins Museum gebracht haben: „Ich würde mal sagen, Wollhaariges Nashorn, Rentierrippe und von einem Hirschartigen!“ In Pappschachteln und Butterbrottüten wartet eine Vielzahl kleiner Fundstücke auf ihre Entdeckung. „Jede Tüte birgt ihr Geheimnis!“ Der Fachmann für Ur- und Frühgeschichte dreht und wendet eine kleine Münze und verweist auf die Details der Prägung. Münzfunde werden oft bei Ausgrabungen gemacht und sind archäologische Entdeckungen. Ob er denn bei Ausgrabungen auf Großbaustellen hinzugezogen werde, fragt Illing. Das seien andere Dimensionen, erklärt Kerig, die Zuständigkeit liege dann bei der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), die Fundstücke seien Landesbesitz. „Leider fehlen uns manche Spitzen im Haus!“ äußert der Prähistoriker seine Enttäuschung darüber, dass international bedeutende Stücke nicht hier im Museum seien, obwohl sie hier gefunden wurden. „Das war der Grund für die Museumsgründung 1906: Dass hier gezeigt wird, was hier gefunden wurde.“
Deshalb habe er großes Interesse an Leihgaben, etwa der Museen in Mainz, Darmstadt und Worms und natürlich auch an neuen Funden aus dem Alzeyer Umland. „Wir haben aber Spitzen hier, die möchte ich rausarbeiten, aktualisieren und neu aufbereiten!“ Während eines Rundgangs durch die Abteilungen des Alzeyer Museums hebt der habilitierte Wissenschaftler immer wieder Besonderheiten hervor, so etwa ein kleines keramisches Trinkgefäß mit zwei Mundöffnungen oder ein doppelschneidiges Rasiermesser in Bronze, typische Grabbeigabe in der Bronzezeit. Zu jedem noch so kleinen Fundstück gibt es eine lange Geschichte. Wo er den Schwerpunkt seiner Museumsarbeit sehe, fragt Illing. „Der Schwerpunkt verschiebt sich von Generation zu Generation!“, betont Kerig. Während seine Vorgänger vor allem die Volks- und Landeskunde und die Steinhalle hervorragend erschlossen haben, möchte er unter anderem die urgeschichtliche Archäologie neu aufstellen: „Ich würde immer versuchen, das Spezielle zu sehen und zu zeigen!“ Aufbewahren, Forschen und Vermitteln ist sein Ziel. Vergangenes nicht nur bewahren, sondern das Vergangene für die Gegenwart nutzbar machen: „Fragen zu bearbeiten, die uns heute betreffen: Mensch und Umwelt, das Entstehen von Ungleichheiten, das Entstehen von Hierarchien …“ Die Herausforderung: gleichzeitig Sammeln und Entsammeln. Täglich würden Fund- und Erbstücke von Privatpersonen abgegeben werden. Das braucht viel Platz und Zeit, viele Orte und Lager, und Unterstützung. Tim Kerig ist begeistert von der starken ehrenamtlichen Beteiligung, den vielen Helfern, die das dreiköpfige hauptamtliche Team, bestehend aus dem Leiter und Wissenschaftler, einer Museumspädagogin und einer technischen restauratorischen Fachkraft, unterstützen. Heiner Illing lobt das hervorragende Mehrspartenhaus, das ganzjährig, täglich und barrierefrei für jeden Menschen zugänglich ist, und bedankt sich für den äußerst interessanten Einblick in die bereits genauen Pläne für die Zukunft des Alzeyer Museums.
Veröffentlicht am 15.05.2025.