INTERVIEW Landtagsabgeordneter Heiko Sippel (SPD) will die Jugend erreichen Jugend für Politik begeistern – das hat sich der Alzeyer Landtagsabgeordnete Heiko Sippel (SPD) als zentrale Aufgabe gestellt. Seine Erfahrung: Die Jugend ist nicht politikverdrossen, sondern sie will über neue Kommunikationswege erreicht werden.
Herr Sippel, Sie pendeln derzeit zwischen ihrem Landtagsmandat und den vielen kommunalen Ämtern. Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?
Das klappt ganz gut, auch wenn es natürlich einen großen zeitlichen Aufwand erfordert. Doch meine kommunalen Ehrenämter will ich nicht vernachlässigen. Wenn ich wissen will, wie Gesetze letztenendes umgesetzt werden und ihre Wirkung entfalten, muss ich vor Ort bei den Menschen sein. Das macht mir aber auch große Freude. Ich bin gerne Politiker. Das ist mein Beruf und Hobby.
Gibt es eine Chance, dass sich Jugendliche ebenso für Politik begeistern?
Auf jeden Fall. Ich stelle eine große Offenheit für politische Themen fest. Neben der Landespolitik beispielsweise zum Thema Europa. Europa bedeutet ja nicht nur Bürokratie, sondern auch eine große Chance, die Zukunft in Frieden und Wohlstand gemeinsam zu gestalten. Das deutlich zu machen, ist die Aufgabe der Europa-Union, bei der ich geschäftsführendes Vorstandsmitglied im Kreis Alzey-Worms bin. Wir organisieren mit Jugendlichen Fahrten etwa zu den großen europäischen Institutionen wie dem Europa-Parlament nach Straßburg. Das kommt gut an.
Und wie ist das Feedback?
Gut, die Jugendlichen kommen zwar nicht unbedingt zu meiner Sprechstunde ins Bürgerbüro, doch über Facebook, Wer-kennt-wen und Twitter klappt der Kontakt gut. Die Jugendlichen haben einfach andere Kommunikationswege, darauf müssen wir uns einstellen.
Welche Themen interessieren die Jugendlichen derzeit?
Themen, die sie direkt betreffen: Bildung, Studium, Wehrpflicht und Zivildienst, aber auch Chancen und Risiken des Internets oder die Verbesserung des Freizeitangebotes. Mit den Jusos möchte ich im Herbst zu einer Dialogreihe einladen, um mit Jugendlichen über diese Themen zu sprechen.
Ihre Bemühungen beschränken sich aber sicher nicht nur auf das Internet?
Ich pflege den Kontakt zu den Schulen und biete ihnen zum Beispiel an, den Landtag zu besuchen.Die Jugendlichen können viel über die Landespolitik erfahren oder einmal eine Plenarsitzung nachspielen.
Haben Sie dabei Vorurteile über die Arbeit von Politikern festgestellt?
Von allgemeiner Politikverdrossenheit habe ich bei Jugendlichen bisher eigentlich nie etwas festgestellt. Das Interesse an politischen Themen ist absolut da. Jugendliche beziehen ihre Informationen aus anderen Quellen. Wenn die Nachrichten jedoch nur von Parteien-Gezänk geprägt sind und nur Machtfragen im Vordergrund stehen, ist es natürlich schwer, bei Jugendlichen Akzeptanz aufzubauen. Anders ist es, wenn es wirklich um die Sache geht und ernsthaft um Fortschritte gerungen wird.
Versuchen Sie dabei als Beispiel voran zu gehen?
Ich verstehe mich als Teamplayer, der die Zusammenarbeit auch über Parteigrenzen hinaus sucht. Das heißt nicht, dass ich den Konflikt scheue. Diskussionen und – wenn nötig – Streit in der Sache sind in der Demokratie notwendig. Wird aber letztlich nur ums Rechthaben gestritten, kommen wir nicht weiter. Der Einzelne sollte sich nicht so wichtig, dafür aber das Gespräch mit den Menschen sehr ernst nehmen. Bürgernähe ist absolut entscheidend. Ich denke, wenn wir unsere Arbeit so ausüben, können wir der Jugend auch ein gutes Beispiel sein und für unsere Arbeit werben.
Das Gespräch führte Florian Fischer
Quelle: Allgemeine Zeitung Alzey vom 02.08.2010
Veröffentlicht am 04.08.2010.