Abgeordnete Heiko Sippel und Marcel Hürter zu Gast bei Kreisjägerschaft Alzey-Worms – Mehr Ausgleichsflächen und Vernetzung für Niederwild

Die Kreisgruppe Alzey-Worms der Jägerschaft im Landesjagdverband (LJV) Rheinland-Pfalz begrüßte den umwelt- und forstpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Marcel Hürter und den Alzeyer Landtagsabgeordneten Heiko Sippel (SPD) zu einer Rundfahrt durch die Reviere Eich, Rheindürkheim, Osthofen und Flomborn, in denen der Artenschutz des Niederwilds im Vordergrund steht. Manfred Weindorf, Vorsitzender der Kreisgruppe, lud außerdem Vertreter des LJV, der Kreisgruppe und des Niederwildausschusses Alzey-Worms dazu ein, die Fahrt zu begleiten und zu kommentieren. „In all unseren Revieren gibt es positive und negative Punkte, die können die Teilnehmer heute selbst in Augenschein nehmen“, versprach Weindorf.

 

In rund zwei Stunden im Reisebus erkundete die 15-köpfige Delegation die Reviere, die sachkundig von den jeweiligen Pächtern kommentiert wurden. Vom Altrheingebiet über das Weinanbaugebiet bis zum Hochplateau zeigte sich die rheinhessische Landschaft sehr vielfältig. Doch allen Gebieten ist ein Problem gemein, die Forderung nach Ausgleichsflächen. „Pro Windrad sollte es ein Hektar Ausgleichsfläche geben“, erklärte Weindorf, „doch die sollten möglichst vor Ort sein und nicht in anderen Landkreisen oder Gemarkungen.“

 

Das Niederwild (meist Hasen, Fasane und Rebhühner) verliert zunehmend seinen Lebensraum. Waren es vor zwei Jahren noch etwa 350 Hasen und 200 Hähne im Revier Eich, so sind es heute höchstens ein paar Dutzend, äußerte sich Jörg Bähr, Hegeringleiter und Mitpächter des Reviers Altrhein, besorgt. Eine ähnliche Entwicklung konnten auch die anderen Pächter beobachten. Im Revier Eich sei momentan noch eine gute Struktur aus Hecken und Gräben vorhanden, erläuterte Bähr auf den holperigen Wegen, 14 bis 120 Hektar Auskiesungsgebiet würde das Revier bewirtschaften, 40 Hektar würden auf kommende 30 Jahre hinzukommen.

 

Ein gelungenes Projekt sei dagegen ein Inselbiotop inmitten hochlandwirtschaftlicher Flächen mit Wassergraben und renaturierten Flächen im Revier Rheindürkheim. Diese Projekte und Konzepte seien übertragbar, sagte Bähr, man sei aber auf der Suche nach politischer Unterstützung. Der Berufsjäger im LJV Christoph Hildebrandt betreut das Revier Osthofen. Sein Bestreben ist es „Lebensräume zu sichern und zu gewährleisten“, weshalb sein Revier von 2001 bis 2007 zum Niederwildforschungsgebiet ausgewiesen wurde.

 

Hildebrandt berichtete darüber, wie bestimmte Pflanzenschutzmittel das Niederwild zur Strecke bringen oder Bäume mutwillig zerstört würden. Dabei habe er auch gute Erfahrungen gemacht, so der passionierte Jäger, der die  Zunft der Jäger als „Anwälte der Wildtiere“ sieht. Mit geduldiger Aufklärung würden Hobbysportler, Gassigänger und Landwirte schnell begreifen, dass der Arten- und Bestandschutz wichtig für die Umwelt sind. Trotzdem seien die wenigen Ausgleichsflächen nicht genug, die Vernetzungselemente zu wenige.

 

Auf dem 1000 Hektar großen Gebiet des Flomborner Reviers sind die Auswirkungen der Flurbereinigung deutlich zu sehen. Außer einigen sporadischen und schmalen „Hamsterstreifen“ gebe es keinen Unterschlupf mehr für Tiere.„Gegen großen Widerstand wurde auch in Flomborn eine bald erfolgende Flurbereinigung beschlossen“, erklärte Wilhelm Fell-Rathmacher, Pächter des Reviers und Mitglied im Niederwildausschuss. Ganze fünf Hektar habe man aus Ausgleichsflächen bereit gestellt bekommen, oft unwirtschaftliche Dreicksflächen, doch das seien nur fünf bis zehn Prozent dessen, was als Ausgleich für die vielen Windkraftanlagen nötig wäre, so Fell-Rathmacher. „Es ist verwunderlich, dass hier überhaupt noch Tiere leben. Die Hamsterstreifen sind mehr Hamsterfanganlagen.“

 

Die größten Probleme im Niederwildgebiet sind aus Sicht der Jäger die fehlende Vernetzung der zu geringen Ausgleichsflächen und die fehlende Aufklärung. Manfred Weindorf bat daher bei der Abschlussbesprechung im Rathaus der Gemeinde Albig um die Möglichkeit, ein auf fünf Jahre angesetztes Pilotprojekt einzurichten: „Unsere Privatpächter sind keine Profis, was die Biotope und Beantragungen von Maßnahmen angeht. Hier ist Fachwissen nötig.“ Gerne würde sich die Kreisgruppe selbst finanziell daran beteiligen. Hürter und Sippel versprachen einen entsprechenden Antrag persönlich an die Umweltministerin Ulrike Höfken heranzutragen.

 

In der regen Diskussion zeigte sich der Remagener Abgeordnete Marcel Hürter als ausgewiesener Experte, der es als Herausforderung der Politik ansieht, die Interessen von Umwelt- und Naturschutz, Jagd, sowie von Landwirtschaft, Forsten und Weinbau abzuwägen und möglichst zusammen zu führen. „Deshalb sind offene Gespräche und Aufklärung sehr wichtig“. Die Jäger dankten den beiden Abgeordneten dafür, dass sie sich einen kompletten Nachmittag für den konstruktiven Dialog zur Verfügung gestellt haben.

 

 

 

Bild: © Marta Thor / MdL Heiko Sippel (rechts) und sein Kollege Marcel Hürter informierten sich vor Ort.

 

Veröffentlicht am 09.11.2013.