Resolution des SPD-Landesvorstands Rheinland-Pfalz
Noch nie waren weltweit so viele Menschen auf der Flucht vor Krieg, Not oder politischer Verfolgung wie zurzeit. Viele davon wollen nach Europa und es gibt kaum Anzeichen dafür, dass sich an dieser Situation mittelfristig etwas ändern wird. Das stellt unser Land vor große Herausforderungen, aber wir Europäer/-innen sind es uns selbst schuldig aus unserer – von Krieg und Vertreibung geprägten – Geschichte zu lernen und denjenigen zu helfen, die heute unsere Hilfe brauchen.
Aktuell entspricht die Politik in Deutschland und der Europäischen Union nicht unserem eigenen Anspruch an eine tragfähige und menschliche Flüchtlingspolitik. Für uns ist und bleibt klar: Das Grundrecht auf Asyl gilt! Jeder Mensch, der auf deutschem Boden Asyl beantragt, darf bis zur Entscheidung über seinen Antrag bei uns bleiben.
Fakt ist derzeit aber leider auch, dass die Aufnahmefähigkeit der Länder und Kommunen vor großen Herausforderungen steht. Wir müssen wieder zu geordneten Verfahren zurückkommen und die Flüchtlingsbewältigung neu strukturieren. Grenzkontrollen dürfen dabei aber nur eine Notlösung sein; die Freizügigkeit in der Europäischen Union ist eine Errungenschaft von unschätzbarem Wert, die wir unbedingt bewahren müssen.
Die unzähligen ehrenamtlichen Helfer/-innen sowie Mitarbeiter/-innen in den Erstaufnahmeeinrichtungen, in den Kommunen und in den Landesregierungen leisten eine hervorragende Arbeit – rund um die Uhr. Die Bundesländer sind jeden Tag gefordert, neue Gebäude, neue große Gelände mit Betten, Duschen und Toiletten zu bestücken. Das ist ein tagtäglicher Kampf.
Wir sind stolz darauf, was unzählige Rheinland-Pfälzer/-innen, darunter viele Sozialdemokrat/-innen, in diesen Tagen leisten. Sie packen an und engagieren sich in Städten und Gemeinden sowie Initiativen für die Flüchtlinge. Bürgermeister/-innen suchen nach immer neuen und flexiblen Lösungen, um die zu uns kommenden Menschen zu versorgen und unterzubringen. Dafür Danke. Diese Solidarität wird langfristig aber nur Bestand haben, wenn alle sehen, dass es in Deutschland und Europa gerecht zugeht. An vielen Stellen besteht dort jedoch akuter Handlungsbedarf.
Folgende Punkte müssen daher schnellstmöglich angegangen werden:
- Den Worten der Bundesregierung müssen Taten folgen. Das Bundesamt für Migration unter der Führung von Bundesinnenminister de Maizière hat in den letzten Jahren bei der Bearbeitung der Asylanträge versagt. Es muss zügig neue Asyl-Entscheider/-innen einstellen, denn wir brauchen schnelle Entscheidungen, gerade für diejenigen, die keine Perspektive auf Bleiberecht bei uns haben. Sie müssen schnell wieder zurückgeführt werden, damit wir den Schutzbedürftigen helfen können.
- Statt immer wieder die gleiche Debatte über die finanzielle Unterstützung des Bundes zu führen, braucht es eine Flüchtlingspauschale, die den Ländern endlich mehr Planungssicherheit gibt.
- Außerdem muss der Bund schnell mit eigenem Personal und in eigenen Immobilien Flüchtlingsunterkünfte schaffen.
- Eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration ist, dass ausreichend bezahlbarer Wohnungsraum für alle Menschen vorhanden ist. Hier sehen wir neben den Kommunen und Bundesländern auch den Bund in der Pflicht und wollen ein Wohnbauförderprogramm anstoßen.
- Schließlich braucht Deutschland auch ein Einwanderungsgesetz für eine gesteuerte und kluge Einwanderungspolitik, die legale Arbeitsaufenthalte ermöglicht und vor allem für Menschen aus den Balkanländern Perspektiven außerhalb des Asylrechts schafft.
Ein starkes und solidarisches Europa steht für uns nicht zur Diskussion:
- Deutschland allein wird die aktuelle Flüchtlingssituation nicht bewältigen können. Angela Merkel muss deshalb die Initiative ergreifen und eine Einigung der europäischen Mitgliedsstaaten herbeiführen. Europa ist eine Gemeinschaft, mit gemeinsamen Werten und mit gemeinsamen Pflichten, in der alle ihren Beitrag leisten müssen. Eine Mentalität, nach der EU-Länder zum Beispiel Agrarsubventionen annehmen, aber nicht bereit sind, Lasten fair zu verteilen, darf es nicht geben.
- Die Europäische Union muss eine Soforthilfe für besonders belastete Mitgliedsstaaten auflegen und die Verteilung der Flüchtlinge managen.
- Und wir brauchen „Hotspots“ an den EU-Außengrenzen, um dort Asylsuchende schnell und umfassend registrieren zu können. Dafür muss die Bundeskanzlerin sorgen, sonst wird die Bewältigung der Flüchtlingskrise nicht gelingen.
Unser Fokus muss zudem stärker auf die Situation in den Herkunftsstaaten der Flüchtlinge gerichtet werden. Kein Mensch flieht freiwillig aus seiner Heimat. Deshalb müssen wir die Fluchtursachen bekämpfen und dafür Sorge tragen, die Lage dort zu stabilisieren, damit nicht noch mehr Menschen gezwungen sind, die tödliche Route über das Mittelmeer einzuschlagen. Hierzu gehört auch, der Türkei und den anderen Nachbarländern der Krisenregion deutlich mehr Unterstützung zukommen zu lassen, um die Flüchtlinge direkt in der Region besser versorgen zu können. Hier sind auch die USA und die arabischen Golfstaaten gefordert.
Veröffentlicht am 19.09.2015.