Zukunft des rheinhessischen ÖPNV

Mainz noch weiter das Hauptziel?

Das 88 Jahre alte Urgestein der Wörrstadter Sozialdemokraten Heinrich Keuper hatte gemäß den Verhaltensanforderungen wegen der Corona-Pandemie zu einem politischen Gartengespräch den SPD-Landtagsabgeordneten Heiner Illing , den Vorsitzenden des rheinhessischen Regionalvorstandes des AG60plus Hans Schäfer und den Vorsitzenden der AG60plus der Stadt Alzey Erwin Montino eingeladen. Es ging bei diesem Gespräch um den regionalen Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) unter Beach- tung der sich abzeichnenden Veränderungen des gesellschaftlichen Konsumverhaltens, aber auch die der zukünftigen Arbeitswelt. Waren eingangs die einbrechenden Fahrgastzahlen in Folge der Corona-Krise und damit die unzureichenden Frequentierungen des ÖPNV-Angebotes das Thema, wurde etwas später die Zukunft der Stadt Mainz als Provinz-Metropole der rheinhessischen Region heiß diskutiert. Denn es zeichnet sich schon seit einiger Zeit ab und wird durch die durchgeführten und geplanten Verkehrsveränderungen der Stadt hinsichtlich Einschränkung des Autover- kehrs verstärkt, dass die Mainzer Innenstadt immer mehr den Charakter eines Einkaufszentrums für das Umland verliert. Denn, wenn man nicht mehr genügend Parkraum den Besucher und Kunden bieten kann und man den verbleibenden Parkraum außerdem erheblich überteuert, suchen sich die Menschen aus dem Umland vorhandene andere Einkaufsmöglichkeiten, insbesondere da die Benutzung des ÖPNV nach dem Einkauf durch entsprechende Einkaufstaschen oder Pakete sich nicht gerade angenehm gestaltet. Also fällt die Stadt Mainz als Einkaufszentrum für das rheinhessische Umland zukünftig weitgehend aus, zum Kummer und Nachteil des dort noch ansässigen Handels. Die Innenstadt wird immer mehr veröden, wie es der Gemeinde und Städteverband für alle größeren und auch kleineren Städte befürchtet.

Durch eine immer mehr dezentrale Arbeitswelt immer weniger Pendler.

Aber auch durch die Corona-Pandemie nur vorgezogenen Veränderungen in den Bürotätigkeiten in Folge der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt, wie etwa durch das sogenannte Home Office, werden Auswirkungen auf den ÖPNV haben wesentlich weniger Pendler werden in Zukunft täglich morgens in die Stadt und abends wieder hinaus wollen. Und da die Bürounternehmen dann weniger Bürofläche brauchen, werden jetzige Büroflächen reduziert und wegen der hohen Mieten ggf. neue, günstigere Büroflächen im Umland oder an der Peripherie der Stadt angemietet. Was bedeutet, dass der Hauptbahnhof als Ziel für die noch verbleibenden Pendler im-
mer mehr uninteressanter wird. Das sind Entwicklungen, welche die Infrastruktur des Umlandes der bisherigen Regionalmetropole Mainz längerfristig stärker verändern werden. Darauf müssen sich die beiden Landkreise Mainz-Bingen und Alzey-Worms einstellen und dabei wohl nicht nur den ÖPNV langfristig umgestalten. Aufgaben, welche die Finanzmittel dieser Gebietskörperschaften stark belasten werden, sodass eine reine Kommunalisierung des ÖPNV wohl auszuschließen ist. Wobei festgehalten werden muss, dass schon jetzt der Kreis Alzey-Worms den ÖPNV-Busbetrieb mit jährlich etwa einer Million Euro fördert, was für einen Landkreis eine nicht geringe Aufwendung ist.

Carsharing eine Alternative zum ÖPNV?

Zum Ende der Diskussionsrunde brachte der Landtagsabgeordnete Heiner Illing einen weiteren Gedankengang zur zu erwartenden Veränderung der Mobilität in den nächsten 10 bis 20 Jahren ein. Durch die zukünftige von der Autoindustrie vorangetriebene Vollautomation der Automobile, besonders der Pkw, wird für viele Menschen die Anschaffung eines eigenen Autos, welches bekannterweise die meiste Zeit nur unbenutzt herumsteht, weniger sinnvoll. Das Carsharing wird durch die Automation bequemer und entsprechend zunehmen, weil die selbstständig fahrenden Fahrzeuge automatisch zum Startpunkt der geplanten Fahrt fahren und am Endpunkt wieder selbstständig zurück zum Vermieter oder zum nächsten Kunden. Damit wird das Carsharing wieder sehr interessant, selbst Urlaubsfahrten könnten so gemietet werden. Die Anschaffung und das unnütze Parken und Rumstehen des eigenen Autos würde für so Manchen dann uninteressant werden. Aber auch hinsichtlich des ÖPNV der Zukunft würde das Carsharing eine interessante Variante werden, insbesondere für Menschen die nicht täglich eine bestimmte Strecke zurücklegen müssen
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Veröffentlicht am 06.09.2020.