Inklusion geht nur gemeinsam

Werkstattrat der Nieder-Ramstädter Diakonie trifft Landtagsabgeordneten Heiner Illing

Gleich zwei außergewöhnliche Termine standen Mitte Juli und Anfang August, für Benjamin Schmitt im Kalender. Der Vorsitzende des Werkstattrates der Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) der Nieder-Ramstädter Diakonie (NRD) in Wörrstadt verbrachte zwei Arbeitstage mit dem Landtagsabgeordneten und zugleich Gau-Odernheimer Bürgermeister Heiner Illing.

Zustande gekommen waren die Treffen im Rahmen der Aktion „Schichtwechsel“, bei der Menschen mit und ohne Behinderung einander gegenseitig Einblicke in ihre Arbeitsplätze geben und zum mitarbeiten einladen. Das langfristige Ziel dabei: Mehr Inklusion im Arbeitsleben erreichen.

Im vergangenen Jahr rief die NRD-Rheinhessen-Werkstatt erstmalig mögliche Tauschpartner dazu auf, an der Aktion teilzunehmen. Auch Heiner Illing erreichte der Aufruf und der 59-Jährige überlegte nicht lange bis er Kontakt zur Werkstatt aufnahm, um dabei zu sein. Coronabedingt musste der Austausch um einige Zeit verschoben werden, doch Ende Juli kam es dann zum ersten geplanten Treffen.

Dabei besuchte zunächst Heiner Illing die WfbM der NRD und erhielt ganz praktische Einblicke in den dortigen Arbeitsalltag. Um genau zu sein, begleitete er einen Tag lang Benjamin Schmitt, der im Montagebereich tätig ist, in dem sich alles um einen Dauerkunden dreht, der Fenster und Türen herstellt. Schon nach kurzer Zeit stellten die beiden Männer fest, dass die Chemie stimmt und Schmitt freute sich über seine handwerklich begabte und zugleich sehr interessierte Unterstützung bei der Arbeit. „Da zahlt es sich jetzt doch aus, dass ich ursprünglich gelernter Werkzeugmacher bin“, sagt Heiner Illing als er gerade dabei ist, verschiedene Teile zu montieren und lacht dabei.

Doch es ist nicht nur die reine Arbeit, die Illing einen authentischen Einblick in die Werkstatt für Menschen mit Behinderung gibt, sondern auch der Austausch zwischendurch. In der gemeinsamen Mittagspause in der werkstatteigenen Kantine stößt Annette Schultheiß zu den beiden Männern dazu. Sie arbeitet als Fachberatung für berufliche Integration und so erfährt Illing beispielsweise auch einiges über den Kerngedanken, der hinter der Werkstattarbeit steckt und wie Menschen mit Beeinträchtigung dabei unterstützt werden, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, wenn dies ihr Wunsch ist.

Nach dem erfolgreichen ersten Treffen freuten sich Schmitt und Illing auf den

Gegenbesuch, der nur wenige Tage später im rheinland-pfälzischen Landtag stattfand. Dabei starteten sie den Tag zunächst in den Büroräumen des Landtagsabgeordneten. Das Interessante dabei, es gibt dort auch eine Schlafmöglichkeit, denn, so erfährt Benjamin Schmitt, als Landtagsabgeordneter hat man einen ziemlich vollen Terminkalender mit vielen Abendveranstaltungen.

Während Illing seinen Gast durch die Räumlichkeiten weiter ins Fraktionssitzungszimmer führt, entdecken die beiden einige Parallelen. Als Werkstattratsvorsitzender muss Schmitt ebenso wie Illing Termine zu ganz unterschiedlichen Themen wahrnehmen, sich in neue Sachverhalte einfinden und hat viel mit Menschen zu tun. Während es bei Heiner Illing beispielsweise die unterschiedlichsten Anliegen der Bürger*innen sind, die ihn erreichen, ist Benjamin Schmitt für seine Kolleg*innen in der Werkstatt der erste Ansprechpartner, wenn es Probleme gibt.

Beiden ist auch die Gremienarbeit nicht fremd ebenso das Aushandeln von Kompromissen. Der Rat der Rheinhessen-Werkstatt wird beispielsweise bei allen wichtigen Entscheidungen hinzugezogen, die die Leitungsebene plant und kann hier durch seine Stimme aktiv die Rahmenbedingungen der WfbM mitgestalten. „Es ist gut, dass wir bei wichtigen Dingen, die die Werkstatt betreffen, mitsprechen können“, erklärt Schmitt.

Und während die Arbeit des Landtags durch das Anschauen der Räumlichkeiten und den Erzählungen von Illing für den Werkstattratsvorsitzenden immer greifbarer wird, stellen beide fest: Der Austausch hat sich schon jetzt gelohnt und der berühmte Blick über den Tellerrand ist nicht bloß eine Floskel. „Ich bin froh an der Aktion teilgenommen zu haben. So habe ich echte Einblicke erhalten, die ich vom Schreibtisch aus sicher nicht bekommen hätte. Meine Perspektive auf Inklusion hat sich noch mal erweitert und ich hoffe, künftig vielleicht sogar einem Beschäftigten eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt vermitteln zu können“, so das positive Fazit von Heiner Illing. Dem schließt sich auch Benjamin Schmitt an, der für sich auf den Punkt bringt, dass die Arbeitswelten gar nicht so verschieden sind: „Ich fand es spannend, zu sehen, dass auch Herr Illing manchmal einen ganz schön stressigen Job hat, dabei aber gleichzeitig mit genauso viel Freude an der Arbeit dabei ist, wie wir in der Rheinhessen-Werkstatt.“

Auch die Fachberaterin für berufliche Integration, Annette Schultheiß, blickt positiv auf die Aktion „Schichtwechsel“. „Es ist schön zu sehen, was so ein Austausch bei den Beteiligten bewirkt. Das kann man eben nur durch den direkten und praktischen Einblick und nicht so sehr über Erzählungen erreichen“, fasst sie zusammen.

Wer an der Aktion teilnehmen möchte oder Fragen hat, kann sich an Annette Schultheiß (Fachberatung für berufliche Integration in der Rheinhessen-Werkstatt) wenden, per E-Mail: Annette.Schultheiss@nrd.de oder unter Tel. 06732 9407-7920.

Text und Bild (NRD): Werkstattbeschäftigter Benjamin Schmitt und Landtagsabgeordneter Heiner Illing bei der Arbeit im Montagebereich der NRD-Rheinhessen-Werkstatt.

Veröffentlicht am 10.08.2021.