Rede zum Antrag der Fraktion AfD | 11.11.2021

Antrag der Fraktion AfD

„Verbot von Tierversuchen 2030 prüfen – Alternative Forschung zielscharf stärken“

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Redebeitrag im Landtag Rheinland-Pfalz von MdL Heiner Illing (SPD) vom 11. November 2021:

Sehr geehrter Herr Präsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

Schmerzen, Leiden oder Schäden für Tiere zu vermeiden ist ein wichtiges Ziel der rheinland-pfälzischen Landesregierung.  Das gilt auch im besonderen Maße für die Nutzung von Versuchstieren, auf die derzeit leider in der wissenschaftlichen Gesundheits- und Grundlagenforschung noch nicht gänzlich verzichtet werden kann.

Tierschutz im Allgemeinen und selbstverständlich auch in der Forschung ist von herausragender Bedeutung. Er hat zurecht einen festen Platz sowohl im Grundgesetz als auch in unserer rheinland-pfälzischen Landesverfassung.

Ich glaube jeder hier im Saal würde Abschaffung und Verbot jeglicher Tierversuche sofort und uneingeschränkt unterstützen. Aber leider können wir uns die Welt nicht so zurechtlegen, wie wir es vielleicht gerne täten.

Alternative Methoden, meist auf Molekularer- oder Zellbasis befinden sich in der ständigen Entwicklung und finden auch laufend Einzug in die Forschung, soweit dies verifiziert und vom gesetzlichen Rahmen her erlaubt ist. Ich gehe davon aus, dass dem Antragsteller die europäische Richtlinie 2010/63/EU bekannt ist. Diese stellt zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere einen strengen gesetzlichen Rahmen für die Durchführung von Tierversuchen vor. Die Entwicklung und Anwendung von Alternativen, insbesondere von Ersatzverfahren zu Tierversuchen, ist hier ein wesentlicher Auftrag. Ebenfalls dürfte bekannt sein, dass im deutschen Grundgesetz die Wissenschaftsfreiheit als vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht (Art. 5 Abs. 3 GG) verankert ist.

In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns.

Tierschutz und Tierwohl auf der einen Seite und notwendige und mitunter überlebensnotwendige Wissenschaft und Forschung auf der anderen stellt Forschende immer wieder vor die Herausforderung die ethische Prüfung der Belastung der Tiere gegen den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn abzuwägen. Prinzipiell sind Tierversuche nur akzeptabel, wenn keine geeigneten Alternativen zur Verfügung stehen und die zu erwartenden Ergebnisse die Belastung der Tiere rechtfertigen, also der Tierversuch unerlässlich ist. Um den notwendigen medizinischen Fortschritt jedoch voranzutreiben, können wir noch immer vor allem in der humanwissenschaftlichen Forschung leider nicht gänzlich auf Tierversuche verzichten. Es wäre vermessen, von dieser Stelle aus am heutigen Tag zu sagen, ab wann Tierversuche gänzlich überflüssig werden. Alle bisherigen Alternativen können bisher immer nur einen Bruchteil der Komplexität eines lebenden Individuums darstellen. Ich vermute keiner der hier Anwesenden möchte Tierversuche um des Tierversuchswillens. Aber wir müssen akzeptieren, dass es auf absehbare Zeit ohne leider nicht geht. Auch wenn signifikante Fortschritte bereits erzielt wurden.

Lassen Sie mich ein Beispiel nennen:

Es wird immer wieder kolportiert, dass Biomedizinische Forschung komplett auf Tierversuche verzichten könnte. Tierversuche sind aber verboten, wenn es alternative Methoden gibt.  Bei Tierversuchen muss jeder Wissenschaftler nachweisen, dass er seine Fragestellung nicht anderweitig beantworten kann.  Außerdem ist er verpflichtet, den Einsatz von Versuchstieren so weit wie möglich zu begrenzen.  Zu den Alternativen zählen zum Beispiel Computersimulationen oder Zell- und Gewebekulturen. Dennoch gibt es Bereiche, in denen Versuche an Tieren heute noch nicht ersetzt werden können. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn komplexe Zusammenhänge im Körper, wie zum Beispiel Kreislauf- und Gehirnfunktionen untersucht werden müssen.

Tierversuche sind noch immer eine wesentliche Voraussetzung für den Fortschritt in der biologischen und medizinischen Grundlagenforschung. Sie bilden damit die Basis für die Entwicklung neuer Medikamente und Therapien zum Wohle von Mensch und Tier.

Es wurde viel erreicht im Bereich des Tierschutzes, aber auch in der Etablierung von Alternativmethoden bei Tierversuchen. Schon bestehende Fördermöglichkeiten werden uns bei der Erlangung dieses Ziels weiter nach vorne bringen: Denn es ist unser aller erklärtes Ziel Tierversuche weiter zu verringern und durch Alternativmethoden zu ersetzen. Die Anzahl der Tierversuche muss und wird auf das absolut unerlässliche Maß beschränkt sein.

Dies wird ständig eruiert und angepasst.

Und deshalb fördert bereits heute das Land die Erforschung von Alternativen zum Tierversuch.

Sie sprechen in ihrem Antrag an, dass sich die Anzahl der verwendeten Tiere in den letzten Jahren auf relativ gleichbleibendem Niveau bewegt, verschweigen aber fälschlicherweise, dass im gleichen Zeitraum die Anzahl an Forschungs- und Eruierungsprojekten stark zugenommen hat, was schon heute quasi einer Reduzierung der eingesetzten Tiere je Fall gleichkommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor diesem Hintergrund, und der Tatsache, dass bereits heute hier in Rheinland-Pfalz alles unternommen wird, die Anzahl der Tierversuche zu reduzieren, Alternativen zu fördern und dies finanziell zu unterstützen, lässt mich einmal mehr diesen Antrag in den Bereich „Populismus“ vermuten und deshalb lehnen wir diesen Antrag ab!

Ich danke Ihnen.

Veröffentlicht am 12.11.2021.