„Es brennt!“ – Freiwillige Feuerwehr in der Not

Blaulichtkonferenz mit MdL Heiner Illing und Staatssekretär Randolf Stich

Im Rahmen seiner Expertenrunde „Auf ein Wort mit Heiner“ lud der Landtagsabgeordnete Heiner Illing die Blaulichtfamilie zu einer Videokonferenz ein. Mit Randolf Stich, Staatssekretär im Ministerium des Innern, stand ein kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung. In der zweistündigen Diskussionsrunde wurden von den teilnehmenden Wehrführern viele Probleme, konkrete Verbesserungsvorschläge und klare Forderungen an die Politik benannt. Ausgearbeitet wurde, dass das Land vor allem an der grundlegenden Organisationsstruktur, speziell im Katastrophenfall, sowie der Ausbildung und die Verbandsgemeinden an Ausstattungen, Wertschätzung und Kommunikation arbeiten müssten.

Im Vorfeld der Diskussion wurden Themen, die am meisten unter den Nägeln brennen, eingereicht: Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchsförderung, Schulung und Weiterbildung, Booster-Impfungen, Katastrophenschutz. „Das Thema hat uns kalt erwischt!“, leitet Illing zu dem momentan zentralen Thema Flutkatastrophe im Norden des Landes, Wiederaufbau und Einsatzbewältigung über. Randolf Stich erläutert die Hilfsprogramme von Bund und Land. „Wichtig ist es, dass die Menschen durch den Winter kommen!“ Zur parlamentarischen Aufarbeitung des Einsatzes am 14. und 15. Juli und der Wochen danach wurde die Enquete-Kommission im Landtag eingerichtet. Zentrale Frage: Wie funktioniert der Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz? Führungsstrukturen, Hilfsmittel, psychosoziale Notversorgung und Warnsysteme werden durchleuchtet. Hinterfragt werden müsse der Katastrophenschutz als kommunale Selbstverwaltungsaufgabe in RLP. Verantwortung vor Ort sei dringende Notwendigkeit. Der von Randolf Stich genannte Zeitplan der Analyse in der Enquete-Kommission (bis zur Sommerpause 2022) erscheint den Wehrführern „zu lange“. Punkte, die offensichtlich sind, müssten rasch verbessert werden. Der Staatssekretär stimmt dem bei. Aktuell laufe die Umsetzung des Sirenenprogramms an. Der Bund habe dafür rund 80 Millionen zu Verfügung gestellt. Der Hintergrund: Die Finanzierungsverantwortung der Sirenen als Bevölkerungsschutz im Verteidigungsfall war nach dem Kalten Krieg aufgegeben worden. „Ein damals schwieriges Signal!“, meint Stich. „Wir brauchen eine Art Eskalationsstufenplan!“, fasst Illing zusammen.

Angesprochen werden auch die Ausbildungssituation durch die Feuerwehr- und Katastrophenschutzakademie (LFKA). Der durch die Coronapandemie und den Einsatz in Ahrweiler entstandene Ausbildungsstau sei fatal. Da die Lehrgänge oft ausgebucht seien, wäre die Freigabe von Ausbildungsunterlagen für Führungslehrgänge im Selbststudium, ggf. auch in reduzierter Form, wünschenswert.

Die Frage der Nachwuchsgewinnung und Haltefaktoren der Aktiven löst eine breite Diskussion über Jugendfeuerwehr und Frauen bei der Feuerwehr aus. Separate Umkleiden, vor allem für Neubauten, sollten Pflicht sein. Auch mangelnde Ausrüstung und veraltete Fahrzeuge werden als Hemmnisse angeführt. Die von Randolf Stich angekündigte Ehrenamtsstudie, die im Koalitionsvertrag festgelegt wurde und 2022/23 starten solle, komme für die aktuell brennenden Fragen zu spät: „Wie die Aktiven halten ohne Rentenpunkte, ohne Feuerwehrprämien? Welche Anreize gibt es für neue Mitglieder?“

Die Ehrenamtskarte, die auf die Feuerwehrdienstmarke drauf soll, greife viel zu kurz, ist die einhellige Meinung: „Der Dienstausweis muss höherwertiger sein!“ Konkrete Vorschläge zur  Wertschätzung der Leistung der Freiwilligen Feuerwehr folgen, etwa Kostenübernahme des Personalausweises oder der Verlängerung des LKW-Führerscheins. „Nicht alle Ehrenämter sind gleichwertig!“, betonen die Wehrführer die große Verantwortung der Ehrenamtlichen in der Freiwilligen Feuerwehr, die hoheitliche und staatliche Aufgaben ausführen und das ganze Jahr über in Bereitschaft sind. Immer wieder komme man an den Punkt: „Bleibe ich in der Feuerwehr oder nicht?“ Oft stelle sich Frustration ein: „Keine Vorteile, nur Nachteile!“ „Warum soll ich – freiwillig – zur Feuerwehr gehen?“, ist die dramatisch zugespitzte Frage, die von der Politik beantwortet werden muss. Die Verbandsgemeinden als Auftraggeber der Feuerwehr sollten Privilegien einräumen, ist der allgemeine Konsens. Für die Booster-Impfungen wünscht man sich Sonderimpftermine.

Randolf Stich bedankte sich für die tolle Diskussion, die eine große Not der Freiwilligen Feuerwehr verdeutlichte und den dringenden Verbesserungs- und Handlungsbedarf aufzeigte. Die angesprochenen Kritikpunkte werde er mitnehmen, offene Fragen schnellst möglich beantworten. Heiner Illing, der auch Mitglied im VG-Rat Alzey-Land ist, verspricht, die Anliegen in den kommunalen Rat einzubringen.

 

Veröffentlicht am 08.12.2021.