Mehr Schutz vor sexualisierter Gewalt für Frauen mit Behinderungen

Zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung

Frauen und Mädchen mit Behinderung sind einem stark erhöhten Risiko ausgesetzt, sexualisierte Gewalt zu erfahren. Sie sind zwei bis drei- mal so häufig betroffen, wie Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt und sehen sich vielfältigen Widerständen ausgesetzt. So erleben Mädchen mit Behinderung schon oft in der Kindheit sexualisierte Gewalt und sind laut einer Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auch innerhalb von Einrichtungen der Behindertenhilfe nicht ausreichend vor Übergriffen geschützt. Frauenhäuser oder Fachberatungsstellen sind dagegen oftmals noch nicht ausreichend barrierefrei und niedrigschwellig zugänglich, damit Frauen mit Beeinträchtigung hier Unterstützung finden können.
„Wir sind auf das Thema sexualisierte Gewalt spezialisiert und versuchen seit vielen Jahren unser Angebot für und mit Frauen mit Beeinträchtigungen zu erweitern, sei es im Rahmen von Beratung, Schulungen des Personals oder Aufklärungsarbeit.“ sagt Christina Rosner vom Frauennotruf Worms. „Leider fehlt es uns selbst an Ressourcen – personell und finanziell – um diese Angebote bedarfsgerecht umzusetzen. Von einer tatsächlichen Gleichberechtigung und Teilhabe an notwendigen Unterstützungsleistungen und Informationen sind wir daher weit entfernt. Das steht in starkem Widerspruch zur hohen Gewalt-Betroffenheit von beeinträchtigten Frauen ebenso wie zum Grundgedanken der UN-Behindertenrechtskonvention, die eine vollständige Teilhabe an allen gesellschaftlichen Bereichen fordert.“

Tatsächlich sind aber auch positive Veränderungen zu vermerken. So hat sich das Land Rheinland-Pfalz als eines der ersten Bundesländer dazu verpflichtet, Frauenbeauftragte in Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung aus den Reihen der Bewohner*innen zu wählen. Hiermit ist zumindest ein wichtiger Schritt in Richtung Mit- und Selbstbestimmung getan. Dennoch bestehen weiterhin viele Lücken im Gewaltschutz in Einrichtungen – dabei ist der Staat mit der UN-Behindertenrechtskonvention seit 2006 dazu verpflichtet, Menschen mit Behinderung effektiv vor Gewalt und Missbrauch zu schützen. Das Recht auf Selbstbestimmung, Intimsphäre und ein funktionierendes Beschwerdemanagement im Falle von sexualisierter Gewalt innerhalb der Einrichtung zählen dabei zu den Grundvoraussetzungen und müssen flächendeckend gewährleistet sein. Auch sollten die Einrichtungen und ihre Bewohner*innen besser mit dem örtlichen Hilfesystem vernetzt sein, sodass sich Betroffene sexualisierter Gewalt an externe Berater*innen wenden können, wenn sie dies wünschen.

Anlässlich des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung  informieren der Frauennotruf Worms-Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen und Mädchen mit einem Infostand auf dem Wormser Wochenmarkt am Samstag, den 7.5.2022.
Daneben gibt es auch einen Stand, an dem der Verein Gemeinsam leben Worms-Wonnegau e.V. mit Jugendlichen über andere Aspekte von Inklusion wie Bildung und Arbeit informiert.

Text: Christina Rosner, Frauennotruf Worms

Veröffentlicht am 05.05.2022.