Ampel-Fraktionen wollen mit Verfassungsänderung Wählen ab 16 ermöglichen

Bätzing-Lichtenthäler: Junge Menschen aktiv wie nie zuvor

„Die Generation Z hat eine starke Stimme – und die sollte sie auch im Wahllokal haben dürfen!“ Das hat Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Vorsitzende der SPD-Fraktion, heute bei ihrer Rede im Landtag gefordert. Die Aktuelle Debatte der SPD thematisierte den von den Regierungs-Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gemeinsam eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung der Landesverfassung. Das Ziel: Das aktive Wahlalter für Landtags- und Kommunalwahlen sowie das Alter zu Abstimmung bei Volksentscheiden auf 16 Jahre senken.

„Es geht darum, ob wir rund 70.000 16- und 17-Jährigen ein aktives Wahlrecht zubilligen. Über eine solche Neuerung, die für so viele junge Menschen etwas sehr besonderes wäre, sollten wir ernsthaft und offen sprechen“, sagte Bätzing-Lichtenthäler mit Blick auf die Opposition. Denn die hatte bisher die für eine Verfassungsänderung nötige Zwei-Drittel-Mehrheit blockiert. Sollte die Opposition Bewegung in dieser Frage signalisieren, schlug Bätzing-Lichtenthäler vor, die Abstimmung über die Verfassungsänderung freizugeben. „Jede Abgeordnete und jeder Abgeordneter könnte dann in einer namentlichen Abstimmung frei von einer Vorgabe selbst auswählen, ob er für oder gegen die Teilhabe der rund 70.000 Jugendlichen ist.“

Bätzing-Lichtenthäler brachte im Plenum erneut gute Argumente für ein Wählen ab 16 – so, wie es in elf anderen Bundesländern bereits möglich ist – vor. Zunächst stellte sie auf die juristische Perspektive ab. „Es ist verfassungsrechtlich unstrittig, dass das aktive Wahlrecht ein höchstpersönliches grundrechtsgleiches Recht ist. Einzelne Bevölkerungsgruppen, etwa Jugendliche, hiervon auszuschließen, muss sehr gut begründet sein. Der eher profane Hinweis, das Wahlalter gehöre quasi automatisch an die Volljährigkeit geknüpft, reicht nicht aus“, sagte Bätzing-Lichtenthäler. Auch wäre oft zu hören, dass es 16- und 17-Jährigen an der notwendigen Lebenserfahrung, Vernunft und Verantwortungsbewusstsein fehle. Aktuelle Studien und Erfahrungen aus Gesprächen und Alltag lieferten dafür aber keinerlei Bestätigung, betonte die SPD-Fraktionsvorsitzende. „Die jungen Menschen sind so aktiv wie nie zuvor.“

Bätzing-Lichtenthäler lenkte den Blick auch auf die Historie des Wahlrechts und stellte fest: „Die Geschichte des aktiven Wahlrechts ist eine Geschichte des Wandels.“ Bis 1972 galt ein Wahlrecht erst ab 21 Jahren, bis 1919 durften nur Männer wählen, nannte sie zwei Beispiele. Das Beharren auf bestehenden Regeln sei daher auch ein schwaches Argument gegen ein Wählen ab 16.

Als dritte Ebene sprach die SPD-Fraktionsvorsitzende sozialwissenschaftliche Erkenntnisse an. „Es ist belegt, dass Partizipationsmöglichkeiten politisches Interesse wecken und dieses in der Schule verstärkt werden kann. Auch wenn jemand aus einem politikfernen Elternhaus kommt, kann es so einen Aufweck-Effekt geben. Die Absenkung des Wahlalters ist eine gewaltige Chance, um die tiefe soziale Spaltung der Wahlbeteiligung an ihren Wurzeln zu packen“, argumentierte Bätzing-Lichtenthäler.

Abschließend wies sie erneut darauf hin, dass Rheinland-Pfalz ohne die nun vorgeschlagene Änderung auf eine groteske Lage zusteuert. „Wir werden sonst im Jahr 2024 am Kommunal- und Europawahltag eine absurde Situation erleben: Den Stimmzettel für das EU-Parlament dürfen wir dann den 16- und 17-Jährigen in die Hand drücken. Den Gemeinderat-Wahlzettel müssen wir unterm Tisch vor ihnen verstecken.“

Veröffentlicht am 25.11.2022.