Archiv für den Monat: Juli 2022

Teuber: „Wir müssen unsere Werte wieder mehr ins Bewusstsein rufen“

Ampel-Fraktionen bringen Antrag auf mehr Demokratiebildung ein

„Demokratiebildung an Schulen und Kitas weiter intensivieren“: Diesen Antrag und diese Forderung haben die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP heute gemeinsam in den Landtag eingebracht. „Der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine ist auch ein Angriff auf unsere Demokratie und unsere Werte wie Freiheit, Vielfalt, Solidarität und Selbstbestimmung. Wir müssen diese Werte nicht nur verteidigen, wir müssen sie auch wieder stärker in unser aller Bewusstsein rücken. Jede Form der Missachtung darf bei uns keinen Platz haben“, sagte Sven Teuber, bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion zur Begründung.

„Demokratie muss aktiv erlernt und gelebt werden“, führte Teuber aus. Der Ausbau der Demokratiepädagogik in Kitas oder Projekte wie Demokratiebildung an Berufsbildendenden Schulen, der Demokratietag und „Schulen ohne Rassismus – Schulen mit Courage“ stehen dabei stellvertretend für die vielfältigen Aktivitäten der Landesregierung. „Diese gilt es, fortzuführen, auszubauen und beispielsweise durch die Einführung des Landesprogramms „Medienkompetenz macht Schule“ auch an Grundschulen oder die Anpassung von Lehrplänen an aktuelle Herausforderungen für die Demokratie zu ergänzen“, so Teuber. „Der Einsatz für die Demokratie und der Kampf gegen Hass und Hetze sind der Kern unserer politischen Arbeit. Und sie sind aktuell so wichtig wie seit Langem nicht mehr.“

Teil des Antrags ist auch die Forderung eines Wahlrechts ab 16 Jahren im Land. Mittlerweile ist Rheinland-Pfalz eines von nur noch vier Bundesländern, in denen dieses Wahlrecht nicht etabliert ist oder kommen soll. „Wir kämpfen seit Langem für diesen Fortschritt, haben ihn auch als Ziel im Koalitionsvertrag verankert. Leider scheitert dieses zeitgemäße Vorhaben trotz intensiver Bemühungen weiterhin an der CDU, die nicht bereit ist, der notwendigen Verfassungsänderung zuzustimmen. Sie zeigt der engagierten Jugend in unserem Land weiterhin die kalte Schulter.“

Veröffentlicht am 08.07.2022.

Kusch: „Es gibt einen ausgeprägten Spenderorganmangel“

Landtag debattiert Anfrage der SPD-Fraktion zu Organspende in Corona-Zeiten

„Für viele ist die Organtransplantation mittlerweile eine normale medizinische Behandlung, die erwartet wird. Aber nur bei 15 Prozent der potenziellen Spender*Innen liegt eine positive Willensbekundung vor. Da stimmt was nicht, das kann nicht funktionieren.“ In seiner Rede zur Aussprache der Großen Anfrage der SPD-Landtagsfraktion zum Thema „Einflüsse der Corona-Pandemie auf die Transplantationsmedizin in Rheinland-Pfalz“ machte der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Dr. Oliver Kusch, ein Missverhältnis deutlich. Allein in Rheinland-Pfalz gibt es rund 420 Patient*Innen auf der Warteliste. „Wir sind in Deutschland nicht automatisch Organspender. Wären wir das, wäre die Misere gelöst“, machte Kusch seinen Standpunkt klar.

Die Beantwortung der Großen Anfrage durch die Landesregierung hatte zwar eine Stabilität und einen Trend zur Steigerung bei der Organspende in den Jahren 2020 und 2021 angezeigt. Allerdings sind die Zahlen im ersten Quartal 2022 um rund 29 Prozent eingebrochen. „Im ersten Quartal 2022 hatten wir eine hohe Corona-Inzidenz mit hohen Krankheitszahlen bei Personal und potenziellen Spender*Innen, was die Organentnahme verhinderte. Es kam vermehrt zu Herz-Kreislauf-Versagen, was ebenfalls eine Organentnahme verhinderte“, erläuterte Kusch. „Es kam hinzu, dass eben nur bei 15 Prozent der potenziellen Spender*Innen eine Willensbekundung vorlag und in Angehörigengesprächen einer Spende seltener zugestimmt wurde.“

„Es gibt weiterhin einen ausgeprägten Spenderorganmangel“, bilanzierte Kusch in seiner Rede. „Der Nationale Ethikrat schlägt in seiner Stellungnahme von 2007 ein Stufenmodell vor, bei dem die Bürger in einem geregelten Verfahren zu einer persönlichen Erklärung darüber aufgefordert werden, ob sie zur Organspende bereit sind, und informiert sind, dass die Organentnahme bei unterbliebener Erklärung gesetzlich erlaubt ist, sofern die Angehörigen ihr nicht widersprechen. Auch wenn diese Stellungnahme schon 15 Jahre alt ist, ist sie ein sehr guter Ansatz, mit dem der Spenderorganmangel solidarisch für die gesamte Bevölkerung gelöst werden könnte.“

Veröffentlicht am 07.07.2022.

Fünfter Runder Tisch Ukraine Hilfe

Menschenwürdige Unterbringung, Mindeststandards und Gleichbehandlung aller Schutzsuchenden

Regelmäßig treffen sich seit März Vertreter der Kommunen und Wohlfahrtsverbände zum Runden Tisch Ukraine Hilfe, der im März von dem Landtagsabgeordneten Heiner Illing initiiert wurde. Aus der ursprünglichen Idee der Koordination der Hilfsangebote im Ehrenamt und Vernetzung ehrenamtlicher Strukturen, gemeinnütziger Einrichtungen und Politik entwickelte sich im Laufe von vier Gesprächsrunden eine effektive Arbeitsgruppe zur Rückmeldung des Status Quo und daraus resultierender Forderungen an die Politik.

Hauptthema der letzten Sitzung war die latente Wohnraumnot, die sich nicht nur bei der Verteilung der Flüchtlinge zeigt. Hier knüpfte das fünfte Treffen an, zu welchem Illing seinen Landtagskollegen Michael Simon eingeladen hatte, der als Ansprechpartner im Namen des Arbeitskreises Migration und Integration zur Verfügung stand. Die Vertreter der Verbandsgemeinden, unter ihnen Ute Klenk-Kaufmann (1. Beigeordnete der VG Alzey-Land), sowie der karitativen Einrichtungen, unter ihnen Kemal Gülcehre (Vorsitz Beirat für Migration und Integration im Landkreis Alzey-Worms, in Rheinland-Pfalz sowie im Bundesverband), sprachen sich definitiv für eine dezentrale Unterbringung aus. In aller Schärfe wurden die problematischen Gegebenheiten in Sammelunterkünften dargelegt, die keine Integration ermöglichten, sondern zur Isolation führten. Die Vorteile von flexiblen Containerdorflösungen wurden aufgelistet, außerdem die Voraussetzungen für menschenwürdige Unterbringung formuliert. Als Informationsgrundlage legte Andrea Rinke-Bachmann (Caritasverband Worms e.V., Fachstelle für Migration und Integration Wörrstadt, Sozialberatung für Flüchtlinge und Ehrenamtsbegleitung in Zusammenarbeit mit der VG Wörrstadt) umfangreiches Material zu Mindeststandards für Flüchtlingsunterkünfte vor. Leitlinien für Gemeinschaftsunterkünfte seien in Rheinland-Pfalz bislang nicht formuliert worden. Ausgeteilt wurde auch der gemeinsame Forderungskatalog vom Flüchtlingsrat RLP, civi kune RLP und dem Initiativausschuss für Migrationspolitik in RLP zur Unterschriftenaktion anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20. Juni: „Für eine menschliche Flüchtlingspolitik ohne Rassismus! Für legale und sichere Fluchtwege! Für die Gleichbehandlung aller Schutzsuchenden!“ Der Forderungskatalog knüpft an den von der neuen Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag versprochenen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik an, dessen konkrete Veränderungen zugunsten aller Menschen, die vor Krieg, Folter und Verfolgung flohen, auf sich warten ließen. Die Unterzeichnenden appellieren daher an alle Landes- und Kommunalpolitiker:innen, ihre Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen, um der Ungleichbehandlung von Flüchtlingen entgegenzuwirken.

Zur Formulierung der Ergebnisse der Analyse der komplexen Themenbereiche „Bezahlbarer Wohnraum, sozialer Wohnbau, menschenwürdige Unterbringung und Mindeststandards für Gemeinschaftsunterkünfte“ und der daraus resultierenden Forderungen (Ausstattung der Wohnung und qualifizierte Sozialberatung) wurde zeitnah ein Termin in kleiner Expertenrunde zusammen mit Michael Simon vereinbart, der auch dem Ausschuss Familie, Jugend, Integration und Verbraucherschutz angehört.

Er bedankte sich bei allen Anwesenden dafür, dass sie der Politik den Spiegel vorhalten, und bei Heiner Illing für die Initiative Runder Tisch Ukraine Hilfe. Das nächste Treffen findet am Montag, 18. Juli statt.

Veröffentlicht am 07.07.2022.

Beratung zum Fonds Sexueller Missbrauch in den Frauennotrufen möglich

Betroffene haben ein Recht auf Unterstützung

Wer als Kind sexualisierte Gewalt erleben musste, benötigt häufig mehr und andere Unterstützung zur Linderung der Folgen, als die gesetzlichen Leistungssysteme sie gewähren. Die Krankenkasse bewilligt keine weiteren Psychotherapiestunden? Zuzahlungen zu Physiotherapie können nicht geleistet werden? Der Anfahrtsweg zur Beratungsstelle kann nur in Begleitung bewältigt werden? In solchen Fällen kann der „Fonds sexueller Missbrauch“ in Form von Sachleistungen für Therapien, kreative Angebote oder auch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen unterstützen. Der Fonds hilft aus, wenn andere Leistungsträger nicht helfen, Leistungen nicht ausreichen oder abgelehnt wurden. Voraussetzung für eine Antragstellung ist, dass die Sexualisierte Gewalt in der Kindheit und im familiären oder institutionellen Bereich zwischen 1994 bis 2013 geschehen ist.

Einen solchen Antrag zu stellen, kann mit vielen Gefühlen, Erinnerungen und Belastungen verbunden sein. Daher gibt es die Möglichkeit, sich dabei von einer spezialisierten Beratungsstelle unterstützen zu lassen. Die Beratung ist freiwillig, kostenfrei und vertraulich.

Auch in den Frauennotrufen Alzey und Worms ist diese Unterstützung möglich. Die Mitarbeiterinnen der Fachstellen, Regina Mayer und Ronja Scheu, sind durch die Geschäftsstelle des Fonds speziell geschult worden. „Betroffene sexualisierter Gewalt in der Kindheit haben ein Recht auf Unterstützung, um die Folgen der Gewalt zu lindern. Beratende Unterstützung kann die Antragstellung erleichtern und bietet einen geschützten Rahmen“, so Ronja Scheu vom Frauennotruf.

Um eine Beratung zum Fonds Sexueller Missbrauch im Frauennotruf in Anspruch zu nehmen, genügt eine Terminvereinbarung mit den Mitarbeiterinnen per Telefon oder E-Mail über:

Frauennotruf Alzey
Ernst-Ludwig-Straße 43, 55232 Alzey
Fon: 06731 – 484 12 41
E-Mail: alzey@frauenzentrumworms.de

Frauennotruf Worms
Lutherring 21, 67547 Worms
Fon: 06241 – 60 94
E-Mail: notruf@frauenzentrumworms.de

Informationen zum Fonds sexueller Missbrauch:

www.fonds-missbrauch.de

Verantwortlich: Ronja Scheu, Frauennotruf Alzey

Veröffentlicht am 06.07.2022.